"Saigon Bride" gestern und heute



Es war 1967, als Joan Baez zum ersten Mal das "Saigon Bride" betitelte Lied sang (welches man u.a. hier anhören kann). Den mit der "Gnade der (noch) späteren Geburt" versehenen Generationen muss man vielleicht erläutern, welche Signifikanz dieses Jahr hatte. Einige Jahre zuvor hatte sich nämlich US-Präsident Johnson mit der "Gulf of Tonkin resolution" vom US-Parlament zur Eskalation des Militäreinsatzes in Vietnam autorisieren lassen. Die "graduelle Eskalation" hatte sich zu grössten Militärmanövern ausgewachsen. Aktionen wie "Rolling Thunder" beinhalteten unter anderem den Einsatz von hunderten schweren B52-Bombern, die bislang unerreichte Tonnagen vom Sprengmitteln auf Vietnam, aber auch Laos und Kambodscha abwarfen. Der Krieg, bislang im Wesentlichen unter der Aufmerksamkeitsschwelle des US-Publikums geführt, machte sich nun in mehrfacher Sicht auch in den USA bemerkbar: Einerseits durch die immer zahlreicher in "body bags" zurückkehrenden Leichen von getöteten US-Soldaten, andererseits durch die teilweise live in die Fernsehstuben der US-Haushalte übertragenen Bilder von abscheulicher Gewalt. Und gerade auch unter der US-Studentenschaft wurden die Stimmen immer zahlreicher, die in diesem grausamen Abschlachten in einem tausende Kilometer entfernten Land keinen Sinn entdecken konnten und dagegen zu protestieren anfingen. In dieser Stimmungslage entstand also das Lied. Kann es uns heute, ein halbes Jahrhundert später, noch etwas sagen?



Farewell, my wistful Saigon bride

I'm going out to stem the tide

A tide which never saw the seas

It flows through jungles, 'round the trees

Some say it's yellow, some say red

Den Zuhörern in den 1960ern war klar, was mit "gelber" und "roter" Flut gemeint war. Rot waren die Kommunisten, also die Sowjets oder "die Russen", gelb waren "die Chinesen" - die man damals auch noch mit einigem Recht als kommunistisch oder folgerichtig "Rotchinesen" bezeichnen konnte. Und gegen diese Fluten zieht also die Erzählstimme des Liedes in den Krieg - "to stem the tide".

Und heute? Spätestens seit Februar 2022 beschallen uns ja alle Konzern- und Regierungsmedien damit, dass "die Russen" (oder "der Putin") nun unbedingt in der Ukraine aufgehalten werden müssten, weil sonst der Marsch der "russischen Horden" weitergehe und dann die baltischen Staaten, Polen oder gar die BRD selbst zum Kriegsschauplatz werden könnten - wie zuletzt in einem Artikel in der Wochenzeitung "Die Zeit" von u.a. einem Bundeswehr-Professor Masala *1 postuliert.

Zwar hat sich die farbliche Kennzeichnung der "Feindtruppen" in den entsprechenden Planspielen der NATO praktischerweise nie geändert - Russland ist wie ehedem die Sowjetunion rot und die NATO blau. Aber kann man die heutige Russische Föderation noch irgendwie kommunistisch nennen? Ist sie nicht nahezu genauso kapitalistisch organisiert wie der einst "goldene Westen"? Die neuen Feindbildkonstrukteure haben sich ein Abziehbild ausgedacht, welches man vorteilhafterweise auf ganz unterschiedliche Länder kleben kann, es nennt sich "autoritaristisch" oder "autokratisch". Es wurden auch schon sehr unterschiedliche Regierungen (oder "Regime") und sehr unterschiedliche Regierungschefs damit bedacht - vom polnischen Kaczinsky über den ungarischen Orban, den türkischen Erdogan, den syrischen al-Assad oder eben den russsischen Putin. Wobei die angebliche "Selbstherrschaft" (wie man Autokratie übersetzen müsste) irgendwie schwer nachzuweisen ist, denn z.B. die vorgenannten Personen sind nach den Verfassungregeln ihrer Länder durch vollkommen normale Wahlen an die Macht gekommen. Sich selber die Krone aufgesetzt wie einst Napoleon haben sie sich jedenfalls nicht.

Wie schaut es mit der "gelben Gefahr" aus? Nun, in den so überaus "ethno-sensitiven" 2020er-Jahren mag man diesen Begriff nicht mehr so gerne benutzen - wiewohl er doch gerade in deutschen Landen "gut eingeführt" wäre: Immerhin hatte einst schon der deutsche Kaiser Wilhelm II. vor derselben gewarnt. Es müssen also auch hier wieder die Reizworte autoritär und autokratisch, verstärkt um ein gelegentliches "Diktator", eingesetzt werden.

Denn, das ist selbsternannten Globalstrategen wie der omnipräsenten Frau Strack-Zimmermann ganz klar, Feindbilder müssen her *2 und immer stärker in den Köpfen der Bevölkerung verankert werden. Ohne Feindbild wüsste man ja gar nicht, gegen wen man all' die schönen Waffen einsetzen sollte...



How many dead men will it take

To build a dike that will not break?

Seit Februar 2022, aber eigentlich schon seit Frühjahr 2014, wurde und wird in der Ukraine angeblich ein Damm gegen den "Erzfeind" Russland errichtet. Aber der Dammbau scheint nicht geglückt, insbesondere die Notwendigkeit, den "Damm" mit der notwendigen Mannschaft zu bestücken, scheint den ukrainischen Vasallen der US-Regierung kaum noch zu gelingen. Wenn wir zurück auf die USA der 1960er und 1970er Jahre blicken: Dort war nach rund 50'000 getöteten US-Soldaten kaum noch jemand mehr dafür zu mobilisieren, weiterhin US-"Jungs" zu opfern. In der Ukraine sind nach den vorsichtigsten US-Schätzungen bislang schon mindestens ebensoviele, vermutlich eher 70'000 oder mehr Getötete zu beklagen. Für ein Land, welches zu Vorkriegszeiten nicht einmal ein Viertel der US-Bevölkerungszahl verzeichnete, eigentlich ein unerhörter Blutzoll - und nach nicht einmal zwei Jahren Krieg erreicht (zum Vergleich: Der US-Vietnam-Krieg dauerte gemäss US-Wikipedia 19 Jahre).

Dabei hatten US-Regierung und die europäischen NATO-Verbündeten (oder Lakaien?) dem plötzlich zum Bannerträger von "Demokratie" und "Freiheit" erklärten Kiewer Staat Waffen- und Finanzmittel in exorbitanter Höhe zugeteilt: USA und EU haben je mindestens 75 Milliarden Euro aufgewendet, und sie versprechen bei jedem Treffen mit den Kiewer Bittstellern mehr. Mehr als das Doppelte des jährlichen russischen Gesamt-Rüstungsetats also. Für diese historisch einmalige Rüstungsspritze hat die Ukraine zwar Unmengen an Propaganda, aber kaum handfeste Ergebnisse vorzuweisen.

Folgerichtig ist die Floskel vom unbedingt notwendigen Dammbau gegen "die Russen" zumindest in den USA von zögernden Eingeständnissen, dass man doch wohl bald werde verhandeln müssen, abgelöst worden - auch in den Mainstream-Medien. Die Image-Demontage des bislang mit allen medialen Lobpreisungen überhäuften ukrainischen Präsidenten hat ebenfalls schon begonnen, in weniger auffälliger Weise sogar in deutschen Medien.



How many children must we kill

Before we make the waves stand still?

Den US-Medienkonsumenten der 1960er Jahre wurde, wie gesagt, zunehmend unangenehme Kost präsentiert. Nicht nur tote Soldaten beider Seiten, sondern auch tote Frauen und Kinder füllten Magazinseiten und TV-Reportagen. Und erst recht sorgten Bilder von Napalm-verbrannten Kindern für Entsetzen, denn der Verursacher dieser Art von Verheerungen stand fest: Nur die USA setzten solche Bomben ein.

Aus dem medialen Desaster, zu dem sich der Vietnam-Krieg für die Kriegslobbyisten entwickelte, wurden aber wichtige Schlussfolgerungen für zukünftige Feldzüge gezogen: Nun sollten Reporter, so weit es geht, nur noch die Bilder abliefern können, die ins Konzept der medialen Kriegsführung passten - am bislang besten wurde dies wohl im ersten US-Irak-Krieg umgesetzt, wo die Reporter ganz offiziell "embedded" wurden. Und auch die öffentliche Empörung über Gewalt gegen Kinder wurde geschickt genutzt: Unter Tränen berichtete eine angebliche kuwaitische Krankenschwester, wie irakische Soldaten frühgeborene Babys brutal aus den Inkubatoren zerrten und auf den Boden warfen, um sie dort sterben zu lassen. Eine überzeugend vorgebrachte Geschichte - die sich allerdings später als von einer US-Werbeagentur akribisch geplante Inszenierung, als glatte Lüge, eben die "Brutkastenlüge" herausstellte. Die aber, zusammen mit anderen "Narrativen" nicht nur die US-Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen half.

Die russische Armee hat nun leider der westlichen Medienmaschine nicht den Gefallen getan, massenhaft Bilder von getöteten Kindern zu erzeugen - noch nicht einmal das vom "Ukraine Media Center" mit Nachdruck in die Medien gebrachte "Massaker von Butscha" *3 konnte damit dienen. Als Ersatz wurde eine andere Geschichte präsentiert: Danach hat Präsident Putin höchstpersönlich die "Verschleppung Tausender ukrainischer Kinder" angeordnet, die nunmehr rücksichtslos von seinen "Schergen" pro-russisch indoktriniert würden. Irgendwelche Beweise konnte man dafür ukrainischerseits zwar keine liefern, aber es ist natürlich unbestritten, dass zahlreich in ehemals ukrainischen Gebieten lebende Kinder sich nun an Orten in der russischen Föderation aufhalten - in der Mehrzahl schlicht bei ihren Eltern, die als Fluchtrichtung den Osten vorzogen *4.

Den internationalen Strafgerichtshof, der sich bislang vorwiegend mit der Verfolgung afrikanischer ex-Diktatoren beschäftigt hatte, ficht die äusserst dürftige Indizienlage nicht an, noch im März 2022 medienwirksam einen internationalen Haftbefehl gegen Präsident Putin auszustellen. Da weder die russische Föderation noch die Ukraine (ebensowenig wie die USA) das für die Arbeit des Strafgerichtshofs grundlegende "Römische Statut" ratifiziert haben, erfolgte schon die Ausstellung des Haftbefehls auf schwankender juristischer Basis. Da auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Gesuchte jemals der Gefahr einer Verhaftung in den Vertragsstaaten aussetzen sollte, gegen Null tendiert, könnte man auch von missbräuchlicher Verwendung juristischer Ressourcen - nur um des medialen Knalleffekts willen - sprechen.

Andererseits werden in diesen Tagen auf den Befehl eines anderen Staatenlenkers hin Tausende Kinder nicht etwa verschleppt, sondern im Verlaufe einer jenseits aller Verhältnismässigkeit stattfindenden Bombardierungskampagne schlicht umgebracht. Aber in diesem Fall mag der internationale Strafgerichtshof offenbar nicht tätig werden. Israel als der "Vorposten des Westens" in Nahost scheint Immunität zu geniessen, selbst im Angesicht wohldokumentierter Kriegsverbrechen. Anders als Putin wird Premier Netanyahu wohl bis auf weiteres in allen Hauptstädten des "Wertewestens" mit Ehren empfangen werden. Wenn sich ihm die Führer der USA, Grossbritanniens und Deutschlands nicht ohnehin unter Bezeugung "allertiefster Solidarität" selber an die Brust werfen...



It gives them useful trade

The lucky boys are even paid

Dass Soldaten typischerweise einer sinnvollen Tätigkeit ("useful trade") nachgehen würden, haben die Autorinnen des Liedtextes (Joan Baez und Nina Dusheck) sicher nicht gemeint, ist doch Ziel und Kern aller soldatischen Tätigkeit Zerstörung - von Material und Menschen. Aber die Aussicht, durch den Eintritt in die Armee ferne Länder kennenlernen zu können und dafür auch noch bezahlt zu werden, gehört zum Standardrepertoire aller Rekrutenwerber in der NATO. Und bezahlt werden Soldaten mindestens seit den Zeiten des Dreissigjährigen Krieges natürlich, freilich nicht immer pünktlich. Und auch die Höhe schwankt - zwischen einem wortwörtlichen Hungerlohn wie in Nordkorea Mitte der 1990er Jahre und der vergleichsweise fürstlichen Entlohnung westlicher Söldner in der sogenannten "Internationalen Legion" Kiews - hier ist die Rede von Tausenden Dollar pro Tag *5.

Nach dem Vietnam-Krieg haben die USA übrigens recht bald die Wehrpflicht abgeschafft und damit ihre Streitkräfte zu einer reinen Berufsarmee gemacht - und die meisten NATO-Staaten sind diesem Beispiel früher oder später gefolgt. Dieser Strategiewechsel ist in Bezug auf die USA auch deshalb bemerkenswert, weil die Ablehnung "stehender Heere" eine wesentliche Motivation für die "American Revolution", die (schliesslich gewaltsame) Abtrennung der amerikanischen Kolonien vom britischen Empire, war. Auch der berühmt-berüchtigte zweite Verfassungszusatz (Second Amendment), der (verkürzt) als "right to bear arms" interpretiert wird *6, hat sicher dieser Abneigung gegen stehende und möglicherweise okkupierende Heere seine Entstehung zu verdanken.

Der deutsche Gesetzgeber hat hierzulande - in "weiser" Voraussicht ? - eine vollständige Abschaffung der "Wehrpflicht" nicht umgesetzt, sondern dieselbe nur "ausgesetzt". Was den Weg freimacht für Kriegstreiber wie Herrn Pistorius, nunmehr recht laut öffentlich über eine Wiederinkraftsetzung derselben nachzudenken. Vermutlich ist die Diskussion darüber aber ohnehin eher Teil der Kampagne, Deutschland wieder "kriegstüchtig" zu machen. Dabei geht es unter anderem darum, dem deutschen Steuerzahler das Abfliessen von Millionen und Milliarden deutscher Steuergelder in immer neue "Konfliktherde" und Rüstungsprogramme als "alternativlos" zu erklären.

Das "eigenartige Geräusch, wenn Kugeln auf menschliche Körper treffen", von dem General Ludendorff in seinen Memoiren berichtete, haben vermutlich weder Pistorius noch seine Kabinettskollegen je gehört und werden es wohl auch nie hören. Wie solche Leute es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, wieder einmal junge Männer (und Frauen) für hohle Phrasen sterben zu lassen, entzieht sich der Vorstellungskraft.



How many men to conquer Mars?

How many dead to reach the stars?

Im Jahre 1967 schien die "Eroberung" des Mondes in greifbarer Nähe zu sein, und tatsächlich wurde ja auch zwei Jahre später Kennedys Aufgabe "...of landing a man on the Moon and returning him safely..." erfüllt. Seitdem kündet eine auf der Mondoberfläche aufgestellte US-Flagge von dieser (friedlichen?) Eroberung des Erdtrabanten. Und der Flug zum Mars schien damals für viele das nächstliegende Ziel darzustellen. Aber Baez und Dushek hatten sicherlich erkannt, dass das ganze Raumfahrtprogramm (nicht nur, aber eben auch) als gigantische Publicity-Show eine grossartige Ablenkung vom mit weit mehr Aufwand betriebenen Krieg in Vietnam darstellte *7. Millionen Menschen nicht nur in den USA waren fasziniert vom "Wettrennen im All"; viele bemühten sich, keine der raren TV-Übertragungen zu vermissen.

Auch heute soll wieder eine grosse Aufgabe vom allerorten betriebenen Kriegsgeschäft ablenken, und diese Aufgabe ist nicht mehr nur eine nationale, sonder eine wahrhaft planetare oder globale: Der prophezeite Klimawandel soll durch menschliches Eingreifen wenn schon nicht verhindert, so doch entscheidend aufgehalten werden.

Nur merkwürdig, dass das dräuende planetare Unheil in vielen Ländern der Erde durchaus nicht derart bedrohlich wahrgenommen wird, wie es - gerade im "Wertewesten" - von zahlreichen Gruppen dargestellt wird. Und noch merkwürdiger, dass ausgerechnet die bundesrepublikanische Bevölkerung nötigenfalls im Alleingang die globale Entwicklung stoppen soll. Zumindest, wenn man den "Influencern" aus den "Fridays-for-Future"-Gruppen oder der "Letzten Generation" glauben mag.

Und angeblich ist diese gigantische Aufgabe nur durch Investitionen in immer mehr neue Technik zu lösen: Massenweise Wärmepumpen, Solarpanels, batteriebetriebene E-Autos und mehr sollen "die Energiewende" bringen. Und die derzeitige Regierung versucht die Bevölkerung schon längst nicht mehr einfach nur zum "richtigen" Investitions-Verhalten zu überreden, sondern setzt zunehmend auf schlichten Zwang (siehe z.B. das Heizungsgesetz) *8. Ein Schuft, wer denkt, dieser Kurs könne einigen Konzernen sehr gelegen kommen.



Men die to build their Pharaoh's tombs

Pharaonengräber werden heutzutage nicht mehr gebaut, schon im 19. Jahrhundert kamen pompöse Mausoleen ausser Mode. Aber eine Art Pharaonen gibt es noch oder wieder. Einige davon stehen im Rampenlicht der Medien und geniessen dies auch zumindest eine Zeit lang, etwa ein Elon Musk oder ein Bill Gates. Andere, vermutlich die Mehrzahl, aber verlangen nach Privatheit und gewisser Anonymität, und sie wird Ihnen auch gewährt, während dies dem "Otto Normalbürger" durch allerlei elektronische Überwachungsmittel zunehmend verwehrt wird. Über das Leben etwa eines Warren Buffet (Herkshire Hathaway) oder eines Ingvar Kamprad (IKEA) erfährt oder erfuhr man wenig, noch opaker erscheinen Figuren wie Susanne Klatten (BMW) oder die Albrecht-Familie (ALDI).

Weithin sichtbar sind dagegen die Glas- und Stahl-Paläste der Banken, Versicherungen und der multinationalen Konzerne. Sie bilden das materielle Aquivalent zu den Pyramiden der Pharaonen, und beindruckende Ausmasse, besonders in der Höhe, gehören wie selbstverständlich zu der benutzten einschüchternden Formensprache. Denn mehr noch als die super-reichen Einzelpersonen sollen die von ihnen geschaffenen Institutionen vor allen denkbaren Angriffen geschützt werden, denn diese sind es, die den obszönen Reichtum erst generieren.

Würde man zufällig Passanten auf bundesdeutschen Strassen befragen, ob man denn mindestens theoretisch "die Marktwirtschaft" oder "den Kapitalismus" hier abschaffen könne, würden die meisten wohl entsetzt mit dem Kopf schütteln, und nicht wenige würden dabei behaupten, dass dies ja gesetzlich oder gar grundgesetzlich verboten sei. Was freilich eine grundfalsche Einschätzung wäre, denn das Grundgesetz verliert über die in der BRD anzuwendende Wirtschaftsform kein Wort.

Sterben denn heute noch Menschen für die neuzeitlichen Pharaonen oder deren Prunkbauten? Für die Rüstungsfirmen trifft das sogar ziemlich direkt zu: Raytheon und Rheinmetall, Leonardo und Lockheed verdienen umso mehr, je intensiver in Kriegen ihre "Güter" verbraucht werden. Aber auch in anderen Bereichen findet sich das Wort von Papst Franziskus bestätigt: "Diese Wirtschaft tötet". Manchmal plötzlich und mit einem Rumms wie bei den zahlreichen Chemiewerk-Unglücken (z.B. Seveso oder Bhopal), dann eher schleichend, aber mit Vorsatz wie beim Konzern DuPont, der nicht nur seine Mitarbeiter, sondern auch die Einwohner rund um die Werke mit den giftigen Zwischenprodukten der Teflon-Produktion vergiftete (beschrieben u.a. im US-Film"Dark Waters" - Trailer hier). Oder aber im Umfang noch gar nicht absehbar wie beim Einsatz von Herbiziden wie Glyphosat (zu dessen lang überfälligem Verbot sich die EU-Behörden wieder nicht entschliessen konnten - oder wollten).

Und schliesslich geht es eben auch um um die Verteilung der vorhandenen oder generierten Ressourcen. Wer statt 1% des Bruttoinlandproduktes nun 2% oder mehr für Rüstung ausgeben will, hat eben schlicht entsprechend weniger Geld für zivile Projekte. Wobei ja die sogenannten "Verteidigungs"-Ministerien schon in Friedenszeiten Musterexemplare von Korruption und Verschwendung sind. Viele der mit Unsummen finanzierten Rüstungsprojekte sind ohnehin eher "weisse Elefanten" - so kostet ein einziger Flugzeugträger der US-Navy in der Anschaffung über 10 Milliarden US-Dollar. Was könnte man nicht alles sinnvolles mit soviel Geld anstellen - z.B. jedem der rund 600'000 wohnungslosen US-Bürger ein eigenes "tiny house" errichten.

Bislang sicher zu wenig beachtet ist das Wirken der grossen "philanthropischen" Stiftungen, etwa die diversen Stiftungen des Herrn Soros, die schon besser bekannte "Bill and Melinda Gates Foundation" oder aber - einige Stufen weniger wirkmächtig - die Bertelsmann-Stiftung hier in Deutschland. Sie stehen eher im Hintergrund und errichten in der Regel auch keine Protzbauten. Aber die über verschiedene Methoden bewerkstelligte Einflussnahme ist kaum zu überschätzen: So hat die Bertelsmann-Stiftung wie kaum eine andere Instanz die deutsche Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte geformt, und die Gates-Stiftung hat über die von ihr wesentlich finanzierte WHO die Pharma- und Gesundheitspolitik weltweit beeinflusst - schon vor Corona.



Farewell, my wistful Saigon bride

I'm going out to stem the tide

Some say it's yellow, some say red

It will not matter when we're dead

Tief pessimistisch endet Baez' Lied, und man möchte an der Lernfähigkeit "der Menschheit" verzweifeln, weil das Elend des Krieges auch fünf Jahrzehnte später noch immer neue Opfer fordert. Der französische Sozialist Jean Jaurès hat folgende Metapher gefunden: "Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen!". Ein sehr treffendes Bild, denn ebenso wie man tagelang unter Wolken spazieren kann ohne nass zu werden, kann auch der sogenannte Kapitalismus durchaus über längere Zeiten recht friedlich sein. Andererseits ist Kriegsführung die nahezu "natürliche" Ausdrucksform eines Systems, welches auf permanentes Konkurrenzdenken, Besitz-Akkumulation und Kolonisierung ausgerichtet ist. Die westlichen Industrieländer haben sich dabei zum "Wertewesten (TM)" stilisiert und verraten gleichzeitig permanent die hehren Werte, die sie in ihren Verfassungen niedergelegt haben.

Demokratie ist nach Churchills bekannten Bonmot "die schlechteste aller Regierungsformen, ausgenommen alle anderen Formen , welche von Zeit zu Zeit ausprobiert wurden", aber den mittlerweile in diesem System erreichten Grad an Unterwanderung und Perversion durch übermächtig gewordene Wirtschaftseliten hat er sich wohl nicht vorstellen können. Hier wäre anzusetzen, wenn man wirklich Frieden wünscht. Ob die Impulse dazu aus den Ländern des "Westens" selber kommen werden?

(18.Dezember 2023)



*1 Unter dem Titel "Was, wenn Russland gewinnt" am 19.11.2023 veröffentlicht.

*2 siehe z.B. auf ZEIT online: https://www.zeit.de/news/2022-05/31/strack-zimmermann-bundeswehr-braucht-ein-feindbild

*3 Wer seine Suchmaschine zu diesem Thema bemüht, findet massenweise Einträge aus dem April 2022, aber kaum späteren Datums. Und obwohl doch unter anderem von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen "umfassende Aufklärung" vrsprochen wurde, scheint es keine systematischen Obduktionen gegeben zu haben, auch eine Namensliste der Opfer scheint nicht publiziert worden zu sein.

*4 Gemäss STATISTA.COM haben diese drei Länder die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen: Polen rund 1 Million, Deutschland rund 1,1 Millionen und Russland rund 1,2 Millionen.

*5 Quelle: https://www.standard.co.uk/news/world/ukraine-foreign-soldiers-russia-foreign-legion-fight-b986175.html

*6 "A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed." Nicht nur meiner Ansicht nach ist damit das Recht, Waffen zu besitzen und zu tragen, recht eindeutig auf Angehörige einer "gut regulierten Miliz" bezogen und eben nicht auf "jedermann" und "zu jeder Zeit". Letzteres ist jedoch die Interpretation z.B. der NRA.

*7 Als grober Anhaltspunkt: Die Kosten für die 3 bemannten US-Programme Mercury, Gemini und Apollo beliefen sich auf unter 30 Milliarden US-Dollar, während für den Vietnamkrieg weit über 250 Milliarden US-Dollar aufgewendet wurden.

*8 Das überaus komplexe Themenfeld "Energie und Umwelt" kann hier nicht erschöpfend dargestellt werden, und gegen eine möglichst weitgehende Nutzung solarer Energie ist kaum etwas einzuwenden. Dass aber die derzeitigen Regierungsmassnahmen in sich höchst widersprüchlich sind, etwa durch die absehbare deutliche Erhöhung der zu erzeugende Strom-Menge bei gleichzeitig ungeklärtem Netz- und Kraftwerksausbau, ist offensichtlich.



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