Kabul im August, Berlin im September



1.

Der 15. August 2021 hat schon jetzt einen Platz in den Geschichtsbüchern sicher, denn der "Fall von Kabul" markiert das endgültige Scheitern einer von den Ländern des "Wertewestens" über zwei Jahrzehnte betriebenen Militär-"Intervention". Ob der 26.September dieses Jahres einen ähnlichen Rang einnehmen wird, ist recht zweifelhaft, findet doch an diesem Tag nur die Bundestagswahl statt, von der die meisten Mitbürger nichts grundstürzend Neues erwarten.



2.

Die Geschwindigkeit der (Wieder-)Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan hat die Bundesregierung, namentlich unseren Aussenamts-Darsteller namens Heiko Maas und die Verteidigungs-Ministerin Krampp-Karrenbauer, also angeblich vollkommen überrascht - trotz milliardenteurer Geheimdienstapparate samt Spionagesatelliten. Als normaler Mediennutzer konnte man sich, nach der Ankündigung des Abzugs der Bundeswehr-Soldaten und der schliesslichen Umsetzung, auf einige Monate mit ermüdenden Aufforderungen zur "Afghanisierung" des Krieges einstellen, sowie auf intensivierte Bombardierungskampagnen, um den Gegner doch noch - sozusagen 5 Minuten nach 12 - zu irgendwelchen gesichtswahrenden Konzessionen zu bewegen. Mithin eine Wiederauflage des langen Sterbens des südvietnamesischen Marionettenregimes in den Jahren 1973 bis 1975, nachdem die USA die eigenen Truppen damals erst langsam, dann immer schneller abgezogen hatten.



3.

"Kabul 2021" wurde dann tatsächlich so etwas wie eine Neuauflage von "Saigon 1975", nur diesmal in einem atemberaubenden Tempo neu inszeniert. Und am Ende produzierte es sogar gespenstisch ähnliche Bilder von US-Helikoptern, die eigenes und "alliiertes" Personal in letzter Stunde ausfliegen sollen:




Im Unterschied zu Vietnam aber ist das Afghanistan-Debakel nicht mehr allein ein US-Problem, denn zahlreiche NATO-Staaten waren ja an der Eroberung und Besetzung Afghanistans beteiligt.



4.

Im politischen Berlin war und ist man ja geradezu besoffen von der Vorstellung, endlich als BRD auch selbst "Verantwortung zu übernehmen", selbstredend vor allem militärisch - wozu erhöht man sonst Jahr um Jahr den Bundeswehr-Haushalt?

Mit Kabul fällt "uns" diese Verantwortung polternd vor die Füsse: Die Verantwortung für die sinnlos gestorbenen und verwundeten Bundeswehr-Soldaten, die (Mit-)Verantwortung für die afghanischen Menschenopfer, und schliesslich die Verantwortung für die angeheuerten Hilfskräfte (Lkw-Fahrer, Köche, Dolmetscher...). Diese in schönstem Bürokratendeutsch "Ortskräfte" genannten Menschen will man nun allerdings auf jeden Fall "retten", von 10'000 Menschen ist die Rede, die man mit einer Luftbrücke "in Sicherheit" bringen will.



5.

Es gibt aber eben auch eine politische Verantwortung, die sich ausnahmsweise anhand der Bundestagsprotokolle eindeutig folgenden Parteien zuweisen lässt:

CDU + CSU + SPD + FDP + Grüne

Diese fünf Parteien haben in schöner Regelmässigkeit den "Missionen" zugestimmt und die dafür notwendigen Geldmittel bewilligt (zuletzt im März dieses Jahres!). Und dies wider besseren Wissens, denn sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Parlaments gab es genügend nüchterne Beobachter, die immer wieder auf die Unrechtmässigkeit des Kriegseinsatzes, aber auch die Unmöglichkeit der Erlangung der propagierten Ziele hinwiesen.

Und damit haben sich diese Parteien eigentlich umfassend für die Übernahme weiterer parlamentarischer oder Regierungs-Verantwortung disqualifiziert. Insofern kann das Finale in Kabul eine unverhoffte Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl am 26.September sein, wenn man konsequenterweise den Kriegsparteien die Stimme verwehrt.


(17.08.2021)





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