Back to the Fifties!


We know no spectacle so ridiculous as the British public

in one of its periodical fits of morality. *1







Die fröhliche Frau auf dem linken Bild ist Elizabeth Gurley Flynn im Jahre 1951. Der Anlass für die Aufnahme und vermutlich auch für die Fröhlichkeit von Frau Flynn ist der Umstand, dass sie in jenem Jahr in den Vorstand der Kommunistischen Partei der USA (CPUSA) berufen wurde. Wenn die werte Leserin oder der werte Leser dieser Seite sich nicht an den Namen erinnern kann, ist das nur zu verständlich, denn Zeit ihres Bestehens war die CPUSA im etablierten politschen System der "Staaten" praktisch bedeutungslos.

Auch der sitzende Herr auf dem rechten Bild (ebenfalls USA, 1954) scheint recht vergnügt oder wenigstens zufrieden zu sein. Hier mag dem einen oder anderen auch ein Name dazu einfallen: Es ist Senator Joseph P. McCarthy *2, der in den Nachkriegs-USA und später in der ganzen Welt so berühmt wurde, dass eine ganze politische Einstellung oder Methode nach ihm benannt wurde:

Der "McCarthyism".



DAMALS

Ob sich Frau Flynn und Herr McCarthy jemals begegnet sind? Jedenfalls sollten die Umstände oder besser die unbändige Energie des Senators aus Wisconsin sie de facto zu Gegnern machen. Es ist also Zeit, kurz auf die Periode des McCarthyismus in den USA einzugehen.

Recht eigentlich begonnen hatte die steile (und später jäh abstürzende) Karriere des Herrn McCarthy mit einer Rede im Jahre 1950, in welcher er der verblüfften Öffentlichkeit zur Kenntnis brachte, dass er eine Liste mit "205 card-carrying communists in the employ of the state department" besässe *3.

Die schöne Alliteration "card-carrying communists" wurde, in der Hoch-Zeit der "russian scare" (knapp ein Jahr, nachdem die Sowjetunion ihre erste Atombombe gezündet hatte), von der breiten Bevölkerung so aufgefasst, als sei das Aussenamt vollkommen von russischen Agenten unterwandert. Dass McCarthy in der Folgezeit sowohl die Zahlen (205, 57, 81 ..) als auch die Namen der angeblich unterwanderten Behörden beständig abänderte, aber nie die wahre(n) Quelle(n) seiner Informationen nannte, machte die Sache nicht übersichtlicher.

Trotzdem (oder gerade deswegen) konnte McCarthy in der Folgezeit, verschiedene Senatskomitees als Forum nutzend, seine Anschuldigungen noch öffentlichkeitswirksamer präsentieren. Im "Senate Permanent Subcommittee on Investigations" sollte er schliesslich zu einer Art Chefermittler, Hauptankläger und Richter in Personalunion werden, der Personen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu mehrstündigen Verhören heranzog und dabei die vom Ausschuss beauftragte Bundespolizei FBI auch als offensives Einschüchterungsinstrument (z.B. durch offensichtliche Beschattungen oder Ausfragen von Nachbarn und Arbeitskollegen) benutzte.

Eine der Standardfragen war: "Are you or have you ever been a member of the Communist Party?" Und ein Hauptanliegen war auch immer die Erpressung der Nennung von Namen, die der jeweils Verhörte als Kommunisten kannte oder vermutete.

In Europa wenig bekannt ist die Tatsache, dass Herr McCarthy mit seinen Methoden durchaus nicht allein stand und auch nicht der erste war. So waren die Abgeordneten Tydings und Taft in anderen Komitees (z.B. dem "House Un-American Activities Committee" oder kurz "HUAC") tätig, und auch ein wesentlich später Berühmtheit erlangender Mann namens Richard M. Nixon gehörte zu diesen fleissigen Kommunistenjägern.

Da die ganzen aufwändigen Recherchen und teilweise TV-übertragenen Sitzungen und Verhöre praktisch nie zu gerichtsfesten Anklagen von irgendwelchen Spionen oder Saboteuren führten, begann das öffentliche Interesse daran allmählich abzuklingen. Als er oder zumindest sein Assistent Roy Cohn damit begann, die Armee-Verwaltung zu Vergünstigungen für den anderen Haupt-Assistenten David Schine erpressen zu wollen, kippte die öffentliche Meinung, und sein Einfluss im Senat zerfiel. Ende 1954 war er politisch praktisch kaltgestellt, und seine bislang latente Alkoholabhängigkeit verschärfte sich. Sein früher Tod 1957 kam dann nicht unbedingt überraschend.

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Obwohl die "justiziablen" Ergebnisse ja überaus bescheiden waren, war der Einfluss der McCarthy-Epoche auf die amerikanische Öffentlichkeit immens. Und zwar nicht nur in der US-Bundesverwaltung, die ja scheinbar das Hauptziel der Angriffe war, sondern besonders in Presse, Funk und Film, in Universitäten und Schulen, ja in gewisser Weise sogar in der gesamten öffentlichen Debatte.

"Communist" wurde endgültig zum Schimpfwort, zum Synonym für Subversion und Spionage. Die Angst, als nächstes zum Ziel der wüsten Anklagen und Beschimpfungen des redegewaltigen Senators zu werden, veranlasste viele Ämter, Redaktionen, Filmstudios, Verlage, Universitätsverwaltungen etc. zur Entlassung oder beruflichen Herabstufung aller Mitarbeiter, die wirklich oder vermeintlich Kontakt zu irgendwelchen "roten" Gruppen gehabt hatten. Ein prominentes, wenn auch eher indirektes Opfer war J. Robert Oppenheimer, der damals gern als "Vater der Bombe" *4 vorgestellte wissenschaftliche Leiter des Manhattan-Projekts. 1954 verlor er seine "security clearance" und damit seinen bisher bedeutenden Einfluss auf die US-Atomforschung und -Rüstung.



EISENHOWER SCHWEIGT

Dass zumindest Teile der US-Öffentlichkeit schon früh bemerkten, das da eine grossangelegte Schmutz- und Verleumdungskampagne begann, belegt diese 1950 veröffentlichte Karikatur des damals bekannten Zeichners Herblock:




(Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Herblock1950.jpg)





Zum besseren Verständnis: Der Elefant ist traditionsgemäss das Parteisymbol der US-Republikaner. Das auf dem obersten Schmutzkübel lesbare "McCarthyism" soll eine der ersten nachweisbaren Verwendungen dieses Begriffs sein.

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Jahre und Jahrzehnte nach der McCarthy-Periode rätselten "liberale" US-Amerikaner ("Roosevelt-democrats", aber auch sozusagen wert-konservative Republikaner), warum diese irrsinnige öffentliche Hetzjagd nicht schon wesentlich früher, z.B. durch ein öffentliches Machtwort des Präsidenten Dwight D. Eisenhower, beendet wurde.

Zweifellos hätte ein Wort von "Ike" Eisenhower, dessen moralische Integrität damals von niemandem angezweifelt wurde und der nicht nur durch seine Erfolge im 2. Weltkrieg (Invasion in der Normandie) ein sehr hohes Ansehen genoss, den ganzen Spuk beenden können. Aber er schwieg. Warum?

Man darf vermuten, dass dem ex-General ein Mann wie McCarthy, der schon früh u.a. seinen Armee-Lebenslauf durch gefälschte Dokumente und erschlichene Auszeichnungen "aufzuhübschen" begann, herzlich widerwärtig war. Zeitlebens ist Eisenhower dem Senator wohl auch aus dem Weg gegangen. An irgendeiner Art von Kameraderie kann es also kaum gelegen haben. Lag es an Interventionen der "big-business buddies" *5, mit denen sich der Präsident gerne umgab?

Welche Strömungen da in seinem Land am Werke waren, hat Eisenhower vielleicht erst spät, gegen Ende seiner Präsidentschaft, bemerkt. Dazu später ...






HEUTE

Im Jahre 2017 befassen sich wieder mehrere US-Parlamentsausschüsse mit einer Frage von grundlegender Bedeutung "für die Sicherheit der USA". Sowohl das "Senate Intelligence Committee" als auch das "House Intelligence Committee" haben seit Jahresanfang zahlreiche, auch teilweise TV-übertragene Sitzungen anberaumt. Es geht um nichts weniger als "faith in our electoral system" (Glaube in unser Wahlsystem), der den Anschuldigungen nach von der russischen Regierung systematisch "unterminiert" werde, um "russian meddling" (russische Einflussnahme) im Allgemeinen und um mögliche "collusion" (Absprachen) zwischen "den Russen" und Trumps Wahlkampfteam im Besonderen. Zu letzterem ist sogar ein Sonderermittler beim Justizministerium eingesetzt worden: der ehemalige FBI-Direktor Robert Mueller.

Formal sieht das manchmal auch ganz ähnlich aus wie damals bei McCarthy: Wieder holzgetäfelte Säle im Kongressgebäude, in denen auf der einen Seite - oft erhöht - die parlamentarischen Ausschuss-Mitglieder mit ihren "aides" sizen, und gegenüber die jeweils Befragten mit ihren "counselors" - vor sich jeweils Batterien von Mikrofonen.

Freilich ist der Ton ein ganz anderer - während McCarthy auch gerade durch die Art der Fragestellung die Vorgeladenen verunsicherte und durch Unterstellungen einschüchterte, geht es diesmal sehr zivilisiert zu.

Nun sind diesmal auch die Zeugen ganz andere - statt der der Nähe zur "communist cause" verdächtigter Journalisten, Drehbuchschreiber oder niederen Amts-Angestellten sitzen heute die Direktoren wichtiger Bundesbehörden auf dem Zeugenstuhl. Unter anderem Michael Rogers für den NSA, Daniel Coates als "Director of National Intelligence" oder James Comey als (ehemaliger) Leiter des FBI. Und sie geben sich überraschend einig: sie haben "great confidence" (grosse Zuversicht) oder sind sich "fast sicher", dass es die russische Einflussnahme tatsächlich gegeben habe, und dass Mr. Putin höchstselbst die Anweisungen dazu erteilt habe. Gemeinsam oder einzeln geben sie "assessments" (Beurteilungen) gleicher Zielrichtung heraus (z.B. hier: ODNI-Statement ).

Unterstützt werden sie von den Abgesandten der grossen Internet-Konzerne Google, Facebook und Twitter, die in derselben Kulisse "nach umfangreicher Recherce" staunenswerte Zahlen präsentieren: "146m users may have seen Russian misinformation on its platform. Google’s YouTube admitted to 1,108 Russian-linked videos and Twitter to 36,746 accounts." ("146 Millionen Benutzer könnten russische Falschinformationen auf ihrer [Facebooks] Plattform gesehen haben, Googles YouTube gibt zu, dass es 1108 Videos mit russischer Verbindung gibt, und Twitter meldet 36746 [russisch-verknüpfte] Konten.)

Und der Auftrag des Sonderermittlers Mueller ist dermassen weit gefasst (siehe hier: Special-Counsel ), dass er vermutlich gegen jeden zweiten Amerikaner ermitteln könnte.



WIEDERHOLTE GESCHICHTE?

Trotz der äusserlichen Gemeinsamkeiten also durchaus keine einfach wiederholte Geschichte. Wäre es für diese Ausschüsse nicht wesentlich erkenntnisträchtiger, wenn man die Auftraggeber und Ausführenden direkt befragen würde?

Sicherlich kann man Putin oder den russischen Botschafter nicht zwingen, vor einem solchen Ausschuss zu erscheinen - aber es wäre immerhin den Versuch wert, ob nicht z.B. der Botschafter sogar freiwillig zu den Anschuldigungen Stellung nehmen wollte. Und die US-Angestellten von RT America oder Sputnik *6 könnten selbstverständlich vorgeladen werden. Und dann könnte man diesen Instrumenten der unterstellten sinistren russischen Aktivitäten scharfe Fragen stellen und wäre weniger auf Vermutungen, Einschätzungen und Beurteilungen ranghoher Geheimdienstler angewiesen.

Stattdessen eine Art Interviewkarussell, wo Geheimdienst-Direktor A bestätigt, dass das von Direktor B geäusserte höchst glaubhaft sei und Direktor C wiederum versichert, dass die Einschätzungen von A und B sicher zutreffen würden. Und die Abgesandten der Internet-Giganten liefern schöne Zahlen dazu: "146 Millionen Benutzer, 1108 Videos, 34746 Konten …".

Was eigentlich die Zahlen aussagen, in welchem Verhältnis sie zu sehen sind (wieviele Nutzer werden überhaupt gezählt, was bedeutet "russian-linked", wieviele Videos sind online, wieviele Konten sind eingerichtet oder in Benutzung, in welcher Relation stehen die Werbesummen zu den Wahlkampf-Etats der beiden Schluss-Kandidaten etc.) - das wird nicht gesagt.

Und das allerwichtigste: Was sind das überhaupt für tolle Posts und Tweets, die millionenfach US-Bürger von der Wahl der "richtigen" Kandidatin abgehalten haben?

Eine Auswahl davon liefert das oben erwähnte "House Select Committee on Intelligence" auf seiner Webseite (Open Hearing Exhibits), und wiederum Auszüge davon findet man auf dieser Tagesschau-"Faktenfinder"-Webseite "Spalten und polarisieren" .

Wenn man sich durch diese (sehr bescheidenen) "exhibits" klickt, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Durch diese Posts soll der böse Putin den US-Wahlkampf entschieden haben? Auch die meisten Leser des ARD-Faktenfinders fanden das zu Recht sehr dürftig: >Wenn man sich die beispielhaften Anzeigen anschaut, auf welche in dem Artikel verwiesen wird, kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. So sehen sie also aus, die schrecklichen Anzeigen, welche viele Millionen Amerikaner in ihrer Meinung so stark beeinflusst haben sollen, dass sie daraufhin Donald Trump gewählt haben. Das ist nicht zu glauben.< (aus dem Kommentarbereich)

Auch die Anzeigen von RT America, die auf der "Exhibits"-Page aufgelistet werden, sind als "Beweis" unheimlich dürftig. Sicher ist eine Anzeige, die auf ein Video der nach einem Schwächeanfall zu ihrem Fahrzeug geleiteten Hillary Clinton verweisen, nicht vorteilhaft für die Kandidatin gewesen. Aber eben jene Videosequenz wurde auch in fast allen anderen US-Medien herauf- und heruntergenudelt - wo war das spezifisch russische "meddling"?

Zum Vorwurf der "collusion" kommen dann so stichhaltige Argumente wie z.B. Fotos, die Trump-Berater im Gespräch mit dem russischen Botschafter auf einem Empfang zeigen. Nun - genau dafür werden Botschafter bezahlt: Dass sie Kontakt mit wichtigen Personen ihres Gastlandes suchen und in Gesprächen die Position ihres Landes darstellen. Wenn man das als Gastland nicht will, so gibt es einen sehr einfachen Weg, dies zu beenden: Man kündigt die diplomatischen Beziehungen und verweist den Botschafter des Landes - und genau das haben die USA in der Vergangenheit oft genug gemacht *7.



BEKENNTNIS STATT RATIONALITÄT

Untersuchungsausschüsse zu "russian meddling" haben wir zumindest in der BRD noch nicht, aber eine breit angelegte Kampagne zur Wiederauflage eines Russland-Feindbildes ist spätestens seit der Ukraine-Krise m.E. unverkennbar gegeben. Durch z.B. die damaligen SPIEGEL-Titelbilder sollte wohl der Eindruck erwecht werden, Russlands Präsident Putin habe höchstselbst den Abschussbefehl für den Flug MH-17 erteilt. In fast jeden Bericht der ARD-Russland-Korrespondentin Golineh Atai wird ein Raunen über die Schrecklichkeit Putins oder überhaupt "der Russen" eingewebt.

Dem britischen Economist war angesichts der obengenannten Facebook/Google-Zahlen ein "Angriff" durch Russland auf die USA so offensichtlich, dass er diesen "Fakt" umstandslos in einen Nebensatz verpackt: "After Russia attacked America, ... "

Auch der britischen Premierministerin Theresa May ist (allerdings überraschend spät) eingefallen, dass Russland sich u.a. beim Brexit-Votum der Einmischung schuldig gemacht habe. Und in derselben November-Rede wird als Beispiel für feindliche Handlungen Russlands neben den üblichen Anschuldigungen (Donbass, Krim-"Annexion") auch gleich das "Hacking" sowohl des Deutschen Bundestags als auch des dänischen Verteidigungsministerium genannt, obwohl auch hier allen anfänglichen Anschuldigungen keine Beweise gefolgt sind. In einem anderen Interview erklärt sie gleich ganz Russland zum "enemy". Folgerichtig möchte jetzt auch die britische Regierung von Google, Facebook und Co. Zahlen zum "russian meddling" geliefert bekommen.

Eine verbale Parallele zur knappen "communist"-Verurteilung aus der McCarthy-Zeit ist im deutschen Raum der "Putin-Versteher" oder "Russland-Versteher" geworden. Interessant, dass aus dem schönen Wort "verstehen" in den Händen der Mainstream-Medien so unvermittelt ein Schimpfwort werden konnte.

Aber nicht nur beim "Putin-Versteher" sind sich die Mainstream-Medien überraschend schnell in ihrem Urteil einig:

Wer die Politik der EU kritisiert, wird zum "Anti-Europäer", wer die Konstruktion des EURO bemängelt, zum "Euro-Skeptiker".

Wer den EU-Nationalstaaten eine Existenzberechtigung zuschreibt, wird zum "Nationalisten".

Wer die Migrationspolitik von EU oder BRD kritisiert, wird zum "Xenophoben" oder "Ausländerhasser".

Wer die Politik der USA kritisiert, hat sich des "Anti-Amerikanismus" schuldig gemacht (Ausnahmen gibt es freilich bei Trump-kritischen Äusserungen).

Wer die Politik der israelischen Regierung kritisiert, wird, wenn nicht unbedingt gleich zum "Antisemiten", doch mindestens der Führung eines "antisemitischen Diskurses" angeklagt (z.B. in diesem Fall: Blogbeitrag Norbert Haering).

Und als Generalkeule wird, besonders wenn die Zielperson auf gewisse öffentliche Resonanz trifft, gerne das "Populismus"-Etikett verteilt.

Umgekehrt werden allenthalben "Bekenntnisse" abgefordert: Bekenntnis zu "Europa", zur "Gemeinschaftswährung", zur "westlichen Wertegemeinschaft", zur "wehrhaften Demokratie", zu NATO und EU, zu "Pluralismus", zum "freien Unternehmertum" etc.pp.

Zusammengenommen ein Klima, das - bei allen Unterschieden in Vokabular und Technik - doch sehr an die Hexenjagd-Stimmung zu Zeiten McCarthy's erinnert. Es gibt auch wieder öffentliche Denunzierungs-Listen, in denen all jene aufgeführt werden, die angeblich als "nützliche Idioten Moskaus" tätig sind (z.B. von einem tschechischen European Values Net *8 oder aber vom Atlantic Council, hier kommentiert von Norbert Haering).



"IKE" GEHT - DER "MIC" KOMMT

Die Geschichte kann uns den Weg weisen, woher diese neuerliche Schwarz-Weiss-Malerei kommt:

Im Januar 1961 hielt der scheidende US-Präsident Eisenhower vor TV-Kameras eine Abschiedsrede und griff dabei einen erst kurz zuvor formulierten Begriff auf: den des "military-industrial complex". Und er warnte seine "fellow countrymen" sehr eindringlich vor dem gefährlichen Einfluss dieses Komplexes: "In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the military-industrial complex." *9

Diese Rede ist heute eigentlich so aktuell wie damals, und sie ist vielleicht auch die (späte) Einsicht Eisenhowers, dass McCarthy und Co. eben auch das Produkt eines sich verselbstständigen industriellen Interesses an Konflikt-Generierung waren. Heute sehen viele Beobachter der USA diesen militärisch-industriellen Komplex zu einem military-industrial-intelligence complex oder gar einem military-industrial-intelligence-media complex erweitert. Also mindestens die "intelligence community", die Geheimdienste, aber auch ein wesentlicher Teil der Medien-Konzerne finden sich aus praktisch-kommerziellen Gründen immer auf derselben Seite derer, die internationale Konflikte anzuheizen statt einzuhegen versuchen.

Mit dieser Interessenlage vor Augen und unter Berücksichtigung der enormen Macht, die dem Pentagon, den Rüstungsfirmen und der Geheimdienst-"Gemeinschaft" ("intelligence community") zugefallen ist, wird verständlich, was damals wie auch heute die treibende Kraft hinter diesen Kampagnen ist.

Nehmen wir als Beispiel das "Atlantic Council", welches das weiter oben verlinkte Dokument zu den angeblichen "Kremlin's Trojan Horses" herausgibt. In diesem sind am Schluss die Mitglieder des "Atlantic Council Board of Directors" aufgeführt. Für die 20 Namen *10, die mir bekannt vorkamen, habe ich in der englischen Wikipedia nach den Berufen bzw. Positionen geforscht. Teilweise in Doppelfunktion sind unter diesen also 7 US-Generäle bzw. Admiräle, 3 US-Geheimdienst-Leiter, 5 US-Aussen- und 3 Verteidigungs-Minister. Von den 3 Deutschen sind 2 ehemalige Leiter der früher Sicherheitskonferenz, heute "Munich Security Conference" genannten Institution.

Was ist das verbindende Element zwischen diesen ausgewiesenen militärischen und politischen "transatlantischen" Eliten? Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass das Drehtür-Prinzip ('raus aus der Regierung, 'rein in ein Wirtschaftsunternehmen, oder umgekehrt) gerade beim Pentagon jahrzehntelange Übung ist.

Nun: Das gemeinsame Interesse ist das an KRISEN, am besten Krisen mit einem Potential für militärische "Lösungen". Und an dieser Stelle wird es eben auch interessant für die Mainstream-Medien: Krieg ist ein absoluter "Quotenbringer".

Sicherlich winkt an dieser Stelle der eine oder andere schon ab: "Alles nur Verschwörungstheorien, dafür sind diese unabhängigen Websites doch bekannt..."

Tatsächlich wird der Begriff "Verschwörungstheorien" schon seit den Zeiten des Warren-Reports (zur Kennedy-Ermordung) zur Herabsetzung nicht-offizieller Erklärungsmuster verwendet. Allerdings ist so eine "Theorie" nicht allein deshalb falsch, weil sie (teilweise) "Verschwörungen" zur Erklärung von realen Vorgängen annimmt. Der dann oft geäusserte Satz "Verschwörungen gibt’s doch heutzutage nicht mehr..." ist nicht nur naiv, sonder auch erwiesen falsch: So hat sich die CDU mit unternehmerischen Gross-Spendern verschworen, die Deutsche Bank hat sich mit anderen Banken zur Manipulation des LIBOR-Zinssatzes verschworen, die griechischen Regierungen vor 2000 haben sich mit der Bank Morgan Stanley zur Bilanzfälschung verschworen etc. pp. - das alles ist teilweise gerichtsfest erwiesen.

Wichtiger noch: Für viele Vorgänge ist eine "Verschwörung" nach Altherrenart, sozusagen in dunklen Hinterzimmern, gar nicht notwendig. Die satzungsgemässen Treffen von Atlantic Council, Atlantik-Brücke, Bilderberg-Konferenz, Mont-Pelerin-Society oder der Munich Security Conference werden durchaus öffentlich bekanntgemacht. Oft werden auch umfangreiche Dokumente mit Reden oder Vorträgen veröffentlicht - das sieht dann durchaus "transparent" aus.

Aber die gestaltende Macht geht dann eher von den nicht veröffentlichten Absprachen aus. Oder sie erfordert oft gar keine je neu artikulierte Absprache, sondern setzt das gemeinsame Interesse bei den jeweiligen Handlungen schlicht voraus. Also ist jene Art von Eingreifen, die z.B. Heinrich Böll in seiner Erzählung "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" anführte ("Sofort S. ganz raus, aber B. ganz rein." *11), meist gar nicht notwendig.



VON RADIO LIBERTY ZU RT AMERICA

Werfen wir also einen Blick auf die Medien:

Im 21. Jahrhundert sind zu den "klassischen" Medien Zeitungen, Radio und TV noch verschiedenste Spielarten elektronisch-digitaler Medien hinzugekommen - also Webseiten, Newsletter, "Social Media" wie Facebook oder YouTube. Und diese lassen sich z.B. von den Nachrichtendiensten zwar unheimlich einfach sammeln und (automatisiert?) auswerten, aber sie sind nicht unbedingt gut zu steuern. Es kann sich dort eine andere Art von Öffentlichkeit herausbilden, die sich - angesichts der fortgeschrittenen Konzentration und "Homogenisierung" der klassischen Medien - zumindest teilweise gerade auch als Gegen-Öffentlichkeit begreift.

Auf der anderen Seite hat die russische Regierung aus der jahrzehntelangen "Beschallung", die der Ostblock u.a. durch das US-finanzierte "Radio Liberty" erfuhr, die Lehre gezogen, dass man durchaus im "Westen" selbst mit einem eigenen Programm präsent sein sollte. Das war die Geburtsstunde für "Russia Today" oder kurz RT im Jahre 2005. So ungewöhnlich ist das durchaus nicht - auch der altbekannte BBC World Service oder France24 oder "unsere" Deutsche Welle sind staatliche Sender mit dem mehr oder minder expliziten Auftrag, die Standpunkte ihrer Länder (oder Regierungen) im Ausland zu verbreiten.

Diese neue Medienpräsenz lässt sich der russische Staat auch etwas kosten - es wird ein Etat von mittlerweile rund 300 Millionen Euro genannt. Damit liegt er etwa gleichauf (!) mit der Deutschen Welle (ebenfalls rund 300 Mio.) und übertrifft die Etats von France24 und Radio Free Europe / Radio Liberty (je rund 100 Mio) *12.

Gänzlich verschwendet scheint das für RT ausgegebene Geld nicht zu sein, wenn sogar in den wenig Russland-affinen USA es der Sender unter die Top-5 der meistgesehenen internationalen Nachrichtensender schafft (nach Eigenauskunft *13).

Die "Meinungshoheit" der etablierten Medien wird heute also mindestens von zwei Seiten angegriffen: Zum einen durch die Internet-Öffentlichkeit, in der neben hoch informativen Quellen und sachkundigen Kommentaren eben auch wildes und konfuses Zeugs aller Art wuchert, zum anderen durch ein TV- und Internet-Format wie RT (welches mindestens professionell gemacht ist).

In dieser unübersichtlich gewordenen Medienwelt wünschen sich manche die vermeintliche Sicherheit der alten Zeiten zurück, es sollen "respektable Traditionsunternehmen" als "gatekeeper" der Informationen fungieren, damit kein zu dissonanter Ton das geistige Gehör treffe. Und bei kontrovers diskutierten Themen sollen approbierte Prüfer Wahrheit von Lüge scheiden. Wenn dann diese Prüfinstanzen auch noch von der Regierung gestellt werden sollen, wird es allerdings gänzlich abstrus: Um die Unabhängigkeit von Regierungswünschen oder gar Zensur ging es doch gerade bei der so mühsam erkämpften Pressefreiheit.

In der Verteidigung ihrer bedrohten Meinungsmacht führen die etablierten Medien vor allem zwei Vorwürfe an: Es würden "fake news" (also falsche oder gefälschte/verfälschte Nachrichten) in Umlauf gebracht, und die neuen Medien würden "Verschwörungstheorien" verbreiten. Auf den "Verschwörungs"-Vorwurf bin ich weiter oben schon eingegangen.



FAKE - FAKE - FAKE

Befassen wir uns also mit den sogenannten "fake news", die spätestens seit den US-Präsidentschaftswahlen in aller Munde sind. Die ARD hat seitdem eigens einen Webservice namens "Faktenfinder" eingerichtet, der den "fakes" nun die reinen "Fakten" entgegenstellen soll. Aber schon bei der Überschrift des oben angegebenen "Faktenfinder"-Eintrags "Spalten und polarisieren" liefert dieser Faktenfinder ja weit mehr als nur die (angeblichen) Fakten, sondern er liefert gleich eine Beurteilung - die dann im folgenden Absatz auch vertieft wird:

"Wie hat Russland versucht, die Präsidentschaftswahl in den USA zu beeinflussen? In Washington sind nun Facebook-Anzeigen präsentiert worden, die von Russland aus geschaltet wurden. Die Inhalte sollen spalten und polarisieren."

Dass diese Präsentation von einer überaus einseitig interessierten Seite, nämlich dem schon erwähnten "House Committee" stammt, lässt der "Faktenfinder" lieber unerwähnt. Und der Vorwurf des "Spaltens und Polarisierens" erinnert an die Zeit, als sich z.B. der SPIEGEL noch als "Sturmgeschütz der Demokratie" begriff und die zahlreichen kritischen Artikel darin vom (damaligen) Establishment als "spaltend" oder "polarisierend" bezeichnet wurden.

Wobei natürlich richtig ist, dass abweichende Meinungen, kritische Berichte und ergänzende Hintergründe aus einem von den Eliten vielleicht angestrebten einheitlich ruhiggestellten Wahlvolk ein in verschiedene Parteiungen "gespaltenes" demos machen könnten.

Und gerade um diesen Streit zwischen verschiedenen Richtungen geht es ja in einer Demokratie - denn natürlich haben z.B. die Vorstände der internationalen Konzerne und Banken real ganz andere Interessen als z.B. deutsche Einzelhandels-Angestellte oder Automobilarbeiter.

Wenn die Mainstream-Medien - man könnte durchaus sagen "mit Wonne" - auf alle alternativen Medien mit der "fake-news-Keule" einschlagen und vermeintliche oder echte Differenzen zu den "Fakten" präsentieren, so bekämpfen sie eigentlich etwas, was ihre ureigenste Aufgabe wäre: Kritische und distanzierte Reportage über die Tätigkeiten von Regierungen und Unternehmen abzuliefern. Genau dafür war der Pressefreiheit ein so prominenter Raum sowohl in der US-Verfassung als auch dem Grundgesetz gegeben worden.

Indem sich allzuviele Mitglieder dieser etablierten Medien in eine bequeme (und vermutlich manchmal auch lukrative) Nähe zu den Eliten begeben haben, indem sie nicht mehr Beobachter, sondern Mitglieder von elitären Zirkeln wie Council on Foreign Affairs, Atlantik-Brücke oder Bilderberg-Konfrenz geworden sind, haben sie diesen "Verfassungsauftrag" verraten.

Denn aus dieser im Wortsinne unheimlichen Nähe verbreiten diese Medien ja laufend selber "fake news" - ob nun bei der kriegsbegründenden "weapons of mass destruction"-Lüge vor dem letzten Irak-Krieg oder der Riester-Renten-Lüge, die von vielen Medien geradezu aktiv beworben wurde. Während die Riester-Lüge "nur" Deutschlands Rentner ärmer macht, hat die WMD-Lüge zur hunderttausendfachen Vernichtung von Leben beigetragen. Diese und andere Beispiele habe ich schon in "Die Tagesschau - oder unsere tägliche Lüge?" zu beleuchten versucht.




Damals und heute: Granma, Neues Deutschland und RT

In besseren ökönomischen Zeiten (1960er Jahre) hat die KP Kubas die offizielle Parteizeitung "Granma" kostenfrei an jeden Interesssierten, auch z.B. in Westdeutschland, verschickt. Auch das damalige Parteiorgan der DDR-SED "Neues Deutschland" war in Westdeutschland erhältlich und wurde von einigen, vermutlich aus beruflichen Gründen, auch gelesen. Leider war die Lektüre beider Blätter meist sterbenslangweilig - Jubelmeldungen von den Produktionserfolgen der Tabak-Kooperative "Jose Marti" oder der Plan-Übererfüllung durch das Kombinat "Karl-Marx" *14 wurden von Bleiwüsten begleitet, die durch das wortwörtliche Abdrucken der letzten Parteitagsreden entstanden. Niemand brauchte damals Angst haben, dass durch diese Blätter Leser von WELT, FAZ oder SPIEGEL abspringen würden.

Heute (ein halbes Jahrhundert später) sieht alles ganz anders aus - und ist in manchen Bereichen trotzdem fast spiegelbildlich. Während die etablierten Medien durch ihre immer gleichartiger werdende Reportagebasis auch immer langweiler *15 werden, erfreuen sich alternative Medien - ob nun im Netz oder klassisch via TV-Kanal - zunehmender Nutzerzahlen.

Und heutzutage belegen die Russen z.B. durch Luftaufnahmen, dass der NATO-Partner Türkei LKW-Kolonnen mit aus IS-beherrschten Gebiet stammenden Ölprodukten seine Grenzen passieren liess (oder kurz gesagt: den IS durch Exporterlöse unterstützte). Auch durch solche "coups" wurde RT's You-Tube-channel zu einem der meistgesehenen im Netz.

Gleichzeitig wird die Hysterie auch hierzulande immer grösser: Um eine Preisverleihung an den "umstrittenen", aber eben auch immer kritischen Journalisten Ken Jebsen zu sabotieren, wollte der Berliner Senat die Nutzung eines stadteigenen Saales untersagen - wurde in seinem Eifer aber mittlerweile durch eine Gerichtsentscheidung ausgebremst (siehe u.a. hier: Nachdenkseiten.de). Dass der verantwortliche Kultursenator Lederer Mitglied der Partei Die Linke ist, macht die Sache leider nicht besser.

Jene McCarthy-Periode der 1950er kann man m.E. in gewisser Weise als ein Äquivalent zu den Säuberungsprozessen der 1920er und 1930er-Jahre in der Sowjetunion sehen. Am Ende waren die jeweiligen "Machtapparate" von Abweichlern gereinigt und die "richtige" Lehre (der Stalinismus in der UdSSR, der Antikommunismus in den USA) unangreifbar etabliert. Die "Maximalstrafen" waren allerdings unterschiedlich; die zahlreichen Todesurteile in den Schauprozessen der UdSSR fanden kein Gegenstück in den USA.

Wird man die heutige aufgeheizte Debatte um "meddling", "fake news" und "conspiracy" *16, das permanente Einfordern von Bekenntnissen zur "richtigen" Sache etc. in ein paar Jahrzehnten ebenso einordnen müssen? Jedenfalls wird die Medienlage so schnell nicht übersichtlicher werden, und ein gesundes Misstrauen gegenüber jeder Art von Nachrichtenquelle sollten wir m.E. durchaus kultivieren. Zumal ja ein Grossteil der westlichen Medien sich im Eigentum wohlhabender und sehr wohlhabender Kreise befindet *17. Die "Selbstverständlichkeiten", die dort behauptet werden, sollten wir gelegentlich gegen-"checken", und zwar gerade dort, wo angeblich das "Herz der Finsternis" zu finden sein soll - also z.B. bei RT selbst. Ist das Behauptete überhaupt plausibel, kann es aus den bisherigen Handlungen und zu vermutenden Interessen der Akteure gefolgert werden? Oder kurz: cui boni bzw. cui prodest?

Ich jedenfalls werde den Teufel tun und ausgerechnet jenen Spitzen-Geheimdienstlern der USA unbesehen abkaufen, dass Sendungen, Tweets und Posts von RT alles "meddling" oder "fake" oder "conspiracy" seien. Jenen Leuten, deren konspirative Tätigkeiten das Pinochet-Regime in Chile, die Marcos-Dikatur in den Philippinen, die Wahl Jelzins in Russland oder den Sturz der gewählten ukrainischen Regierung zugunsten des Oligarchen Poroschenko und des US-Zöglings Yatseniuk ermöglicht haben?

Jene CIA, die über Jahrzehnte ein Programm zur Infiltration von Presseorganen mit eigenen Leuten betrieben hat (vgl. Carl Bernsteins Artikel zum Thema), soll sich sich nun plötzlich um die durch "die Russen" gefährdete unparteiische Berichterstattung sorgen? DAS ist unplausibel!



(Dezember 2017)



*1 "Wir kennen kein lächerlicheres Spektakel als das der britischen Öffentlichkeit in einer ihrer wiederkehrenden Anfälle von Moralität." - ein dem Mitte des 19. Jahrhunderts publizierenden britischen Literaten Thomas Babington Macaulay zugeschriebenes Zitat.

*2 Der auf dem Bild 46-jährige McCarthy sollte nur noch 3 weitere Jahre zu leben haben, ehe er an Komplikationen seiner Alkoholsucht starb. Die auf dem Bild 61-jährige McFlynn wurde noch im selben Jahr (1951) verhaftet und nach 2-jähriger Haft entlassen. Sie starb schliesslich 1964.

*3 Also über 200 "mit Mitgliedsausweisen (oder "Parteibüchern") der Kommunistischen Partei" ausgestattete Angestellte des US-Aussenministeriums.

*4 Freilich war Oppenheimer selbst sich der ungeheuren Team-Anstrengung, die gerade die Entwicklung der Atombombe (das Manhattan-Projekt) darstellte, sehr bewusst.

*5 "Eisenhower on the golf course, or in the hospital, drowsing as his big-business buddies carved up the country." - John Chancellor in "Fifties" (1984)

*6 Unter dem RT-Label ("RT" für Russia Today) senden u.a. RT America, RT UK, RT Spanish, RT Arabic und natürlich RT International. Aus der Finanzierung durch den russischen Staat macht RT traditionell kein Geheimnis. Sputnik ist, ebenso wie RUPTLY, eine russische Nachrichtenagentur.

*7 Barbara Tuchman hielt das geradezu für einen Wesenzug neuerer US-Aussenpolitik: "...to cut ties and act from ignorance..." (erst die diplomatischen Verbindungen kappen und dann in Unkenntnis der Position der anderen handeln).

*8 Bei diesem "European Values"-Think-Tank ist dann auch z.B. ein Jakub Janda als regular contributor for the Atlantic Council aufgeführt (siehe hier: "Team") - offenbar bestehen da mehr als zufällige Verbindungen.

*9 "In den Institutionen der Regierung müssen wir uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen." Der volle Wortlaut u.a. hier: Wikisource: Eisenhower's farewell address

*10 Die mir bekannten Namen waren: Brent Scowcroft, Philip M. Breedlove, Wesley K. Clark, Conrado Dornier, Michael V. Hayden (ex-NSA), Wolfgang Ischinger, Henry Kissinger, Victoria Nuland (die "fuck the EU … Yats is our guy"-Diplomatin), David H. Petraeus, James G. Stavridis (gelegentlich auch Kommentator für TIME), Madeline Albright, James A. Baker III, Ashton B. Carter, Robert M. Gates, Michael G. Mullen (siehe auch "Frau Clinton sieht fern"), Leon Panetta, Colin Powell, Condoleeza Rice, George P. Shultz, Horst Teltschik.

*11 In Bölls Erzählung geht es um die aus einfachen Verhältnissen stammende Katharina Blum, die unvermittelt in das Visier der ZEITUNG gerät, als sie sehr zufällig einen Bankräuber kennen und lieben lernt. Böll schildert die soziale Vernichtung dieser Frau durch das Zusammenwirken von Staatsmacht und Boulevard-Presse (denn die sogenannte ZEITUNG ist offensichtlich nach der BILD-Zeitung modelliert). Das Zitat stammt von Seite 101, wo ein hochrangiger Unternehmer namens Lüding die ZEITUNG anruft, und eben fordert: "Sofort S. ganz raus, aber B. ganz rein." S. ist der genauso "ehrenwerte" Geschäftspartner des Herrn Lüding, und mit B. ist der in Ungnade gefallene Verteidiger der Titelperson gemeint.

*12 Für den BBC World Service habe ich keine klare Zahl gefunden, was auch mit der dortigen Mischfinanzierung (Staats-Zuschuss und Rundfunkbeiträge) zu tun haben kann. Ohnehin sind diese Zahlen nur bedingt vergleichbar - so werden Internet-Angebote teilweise anderen Budgets zugeordnet etc.

*13 Von der RT-Webseite: "RT also makes the top-5 list of the most watched international TV news channels in the US, with a weekly audience of more than 8 million viewers."

*14 Vorsicht "fake": Meine Erinnerung mag trügen - die Kombinate mögen auch anders geheissen haben - vielleicht "Ernesto G." oder "Friedrich Engels" …

*15 Wobei "langweilig" natürlich nicht für die optische Aufmachung gilt - die wird mit jedem Fortschritt der CGI-Technik immer pompöser. Nur der Inhalt wird immer flacher und angepasster. Eine Tagesschau ohne Video-Einspieler von z.B. Frau Merkel ist ja zu einem seltenen Ereignis geworden...

*16 Ist da nicht vielleicht doch "etwas dran", wenn z.B. der im Auftrag von Sonderermittler Mueller durch das FBI befragte Michael Flynn (für 20 Tage "Nationaler Sicherheitsberater" des US-Präsidenten Trump) sich nun schuldig bekennt, die FBI-Leute belogen zu haben? Worum ging es aber überhaupt? Laut Wikipedia darum: >Flynn hatte zugegeben, die Ermittler am 24. Januar 2017 in einem freiwilligen FBI-Interview über Kontakte von Mitgliedern in Trumps Wahlkampfteam mit der russischen Regierung und seine Unterredungen mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak im Dezember 2016 belogen zu haben. In diesen Gesprächen hatte Flynn den Botschafter darum gebeten, keine eskalierenden Gegenmaßnahmen gegen die zum Ende der Regierungszeit Barack Obamas gegen Russland verhängten Sanktionen zu ergreifen und die am 23. Dezember 2016 verabschiedete, gegen die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland gerichtete UN-Resolution 2334 nicht zu unterstützen. < Nüchtern betrachtet hat Mr. Flynn also "zugegeben", das zu tun, was man von einem kurz vor der Amtseinführung stehenden Sicherheitsberater erwarten kann, nämlich Kontakte zu den Botschaftern wichtiger Staaten zu suchen und darum zu bitten, die künftige Regierung nicht durch überstürzte Reaktionen auf Handlungen der alten Regierung in Bedrängnis zu bringen. Vor 10, 20 oder 30 Jahren wäre das eine totale Nicht-Nachricht gewesen...

*17 Für den hier schon einmal aufgeführten, international sehr geachteten "Economist" habe ich das kurz recherchiert: Laut englischsprachiger Wikipedia ist der Economist im Besitz der "Economist Group". Diese ist wiederum ist hauptsächlich im Besitz von vier "Familiengruppen", als da wären:
- die "Schokoladen"-
Cadbury's
- die "Bankier"-
Rothschild's
- die "FIAT"-
Agnelli's
- die Händler-"
Schroder's"
Zum "net-worth" der beiden erstgenannten habe ich in Wikipedia nichts gefunden, was verständlich ist, da es mindestens bei den Rothschilds wohl einfach technisch schwierig ist, die verschiedenen Besitztümer zu erfassen, geschweige denn zu bewerten. Den Reichtum der "Agnellis" mag erhellen, dass allein
Margherita Agnelli de Pahlen aus der Erbschaft ihres Vaters 2 Milliarden US-Dollar erhielt. Zum Mischkonzern "Schroder's Group" nennt Wikipedia einen Wert von über 400 Milliarden britischen Pfund. Diese Besitzverhältnisse bedeuten natürlich nicht, dass jegliche Aussage im Economist wertlos oder rein interessengesteuert wäre - das sollte man den klugen Köpfen dort nicht unterstellen. Aber was werden diese Leute machen, wenn es tatsächlich zu einem Konflikt zwischen journalistischem Ethos und harten Interessen der Eigner kommt? Und vor allem: Nach welchen Kriterien werden sie überhaupt ausgewählt?