Eine Studie - drei Pressemeldungen



1. Eine Studie

Die "globale Pandemie" *1 hat auch dem durchschnittlichen Zeitungs- und Mediennutzer eine bislang ungeahnte Zahl von Studien zu vielen (oder allen?) Aspekten von "Covid-19" beschert. Die Wissenschaft, so könnte man meinen, beherrscht nun endgültig auch das Denken des "Normalbürgers" bzw. der "Normalbürgerin" *2.

Ein zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang, wieviele der als "im Zusammenhang mit Covid-19 Verstorbenen" Gemeldeten tatsächlich an dieser Krankheit verstorben sind, und bei wievielen Covid-19 eher Begleiterscheinung einer schon vorher vorhandenen "Morbidität" war, also sozusagen "mit" Covid-19 gestorben sind. Eine Studie am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg (im Folgenden kurz UKE) gab Anlass zu einer Pressemitteilung vom 18.02.2021, die dann auch von mindestens 3 Medienvertretern "rezipiert" wurde *3:

https://www.nachdenkseiten.de/?p=69950#h02

https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/woran-covid-19-kranke-sterben-massen-obduktion-in-hamburger-krankenhaus-a-241cab60-6b49-4927-aaac-56088a44bd9d

https://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/studie-die-meisten-corona-toten-sterben-am-virus-nicht-mit-dem-virus?utm_source=prod-red-newsletter-daily&utm_medium=email&utm_campaign=79117&utm_content=Kommentare&cn=abo-digi-x-wall-sale-newsletter-red&utm_region=World&utm_position=1


2. Interpretationen

Am umfangreichsten kommt von den 3 Medienmeldungen der Text auf SPIEGEL online mit ca. 630 Wörtern daher. Gleichzeitig ist es auch der Text, der von einer eindeutigen Interpretation der UKE-Untersuchungen eher absieht, was sich auch in der offen gehaltenen Artikelüberschrift ausdrückt: "Woran Covid-19-Kranke sterben".

Unter demselben Titel wird in der täglichen Presse- bzw. Medienschau der Nachdenkseiten *4 auf genau den SPIEGEL-Text verwiesen. Die knapp 150 Wörter versuchen, den verlinkten Text kurz zu beschreiben. Teil davon sind die 5 Sätze, die NDS-Autor Jens Berger als Anmerkung verfasst hat. In dieser Meinungsäusserung hebt er einen Aspekt besonders hervor: "Dass von den obduzierten Toten nur ein einziges Prozent keine Vorerkrankung hatte, ist in dieser Deutlichkeit schon überraschend."

Ebenfalls unter Meinungsäusserung fällt der Kommentar (ca. 440 Wörter) eines Thomas Steiner im Freiburger Fast-Monopolblatt "Badische Zeitung". Auch er hat sich einen Aspekt aus der UKE-Pressemitteilung herausgepickt, der dann auch gleich in der Überschrift deutlich wird: "Studie: Die meisten Corona-Toten starben am Virus – nicht mit dem Virus"

Nun ist zunächst nichts Unehrenhaftes daran, wenn 3 Personen in ein und derselben 2-seitigen Pressemitteilung ganz verschiedene Dinge für wichtig und erwähnenswert halten. Diese Art der Auswahl und Interpretation ist vermutlich schon seit der "Menschwerdung" vor Hunderttausenden von Jahren am Werk, und hat uns ja das Überleben in Dschungeln der einen oder anderen Art vielleicht erst ermöglicht.

Das Problem im Mediendschungel des 21. Jahrhunderts ist natürlich, dass sich die "richtige" Interpretation nicht so einfach herausstellt wie in der urzeitlichen Umwelt, wo "falsche" Interpretation der Sachlage oft dafür sorgte, dass "Mensch" zum Futter für einen Säbelzahntiger oder Bären wurde.

Sozusagen als Fussnote ist noch anzumerken, dass den Autoren der UKE-Pressemitteilung garnicht die "an-oder-mit"-Frage als herausragend erschien, sondern die Erfolgschancen unterschiedlicher Therapien - resultierend im Titel "Auswertung bestätigt: Therapieumstellung bei Covid-19-Erkrankten reduziert Risiko".


3. Meinung als Waffe

An der Berechtigung unserer beiden Meinungs- bzw. Kommentar-Autoren, aus ein und derselben klinischen Meldung unterschiedliche Schlüsse zu ziehen, kann also nicht gezweifelt werden. Auf die schwarz-weiss-Formel "an oder mit Covid-19 gestorben" reduziert, sieht sich der NDS-Autor Jens Berger in der Ansicht betätigt, dass die Todesfälle als überwiegend "mit Covid-19 gestorben" einzuordnen sind. Demgegenüber ist sich BZ-Mann Thomas Steiner sicher, dass eben die meisten Corona-Toten am Virus gestorben sind.

Aber Steiner geht einen wesentlichen Schritt weiter: "Ist es schon schauderhaft, so statistisch über gestorbene Menschen zu sprechen, so ist es noch schauderhafter, was immer wieder von Corona-Maßnahmen-Skeptikern gesagt wird: Die tödliche Wirkung des Virus werde übertrieben...". Ins Visier genommen werden also "Corona-Skeptiker" *5, die "Schauderhaftes" tun, indem sie Sachen sagen, mit denen Herr Steiner nicht übereinstimmen kann. Es sind also schlechte Menschen, die wie im letzten Satz noch einmal betont, "zynisch" sind, wenn sie überhaupt die von Steiner & Co. festgelegten Interpretationen anzweifeln.

Noch einmal Steiner über die Ansichten der "Skeptiker": "Die Kategorie 'an oder mit Corona' sei bewusst unscharf, um möglichst viele Opfer aufzählen zu können und so die unnötigen Maßnahmen zu rechtfertigen. Zugespitzt gesagt: Statistik im Dienste der Corona-Diktatur. Für diese Unterstellung böser Absichten der politischen Akteure gibt es schon keinen Beleg in Form von Äußerungen oder anderem."

Auch hier sind also wieder schlechte Menschen am Werk, die anderen - gar den politischen Akteuren - böse Absichten "unterstellen". Und für Steiner ist klar, dass - wenn es keine entsprechenden Äusserungen der politischen Akteure gäbe - es ja auch keine "böse Absichten" geben könne. Wie naiv ist denn dieser Journalist? Erwartet er allen Ernstes, dass sich etwa unser Gesundheitsminister vor die Kameras stellen und verkünden würde: "Ich betreibe das Projekt der 'elektronischen Gesundheitskarte' so massiv, weil ich mit dem Chef einer der Haupt-Unternehmer auf diesem Feld (Gematik) so dicke bin und auch eine schöne Villa zum Vorzugspreis von ihm erwerben konnte."? *6

Herr Steiner scheint da etwas Wesentliches bei seiner Ausbildung nicht mitbekommen zu haben: Dass es nämlich die vornehmste Pflicht eines Journalisten ist, zunächst einmal alles anzuzweifeln, was die Regierungen tun. Nicht einmal, weil man permanent böse Absichten unterstellen müsste, sondern weil es eben die Kontrollaufgabe der Presse/Medien ist, das Regierungshandeln dauernd unter die Lupe zu nehmen und auf Fehlentwicklungen, manchmal nur Schlendrian, aber eben auch manchmal Korruption, hinzuweisen. Eine Presse, die nur die Statements der Regierung unhinterfragt wiederkäut, ist überflüssig - dafür haben die Regierungen schon ihre PR-Abteilungen.

Weiter bringt Steiner zwei fundamental unterschiedliche Kategorien, ich fürchte absichtlich, durcheinander. Das eine ist die persönliche Trauer, die ein Angehöriger oder Bekannter beim Tod eines Menschen fühlt. Hier ist es allgemein akzeptierte Pietät, die davon abhält, auf gewisse "Gesundheitssünden" des Verstorbenen hinzuweisen ("...also Opa hat aber schon zu oft ins Glas geschaut", "Omi hat aber schon kräftig geraucht"). Ein respektvoller Mensch wird sich solche Kommentare im Umgang mit den Angehörigen verkneifen, zumal sie ja am eingetretenen Zustand (tot) ohnehin nichts mehr ändern können.

Ein ganz anderer Fall liegt aber beim Medizinstatistiker oder Epidemiologen vor: Dieser muss geradezu danach fragen, was nun "wirklich" oder "hauptsächlich" zu Todesfällen geführt hat, um künftig Krankheits- oder Todesfälle vermeiden zu können. Sonst ist sein Tun nutzlos und kann zu keinen sinnvollen Handlungsempfehlungen führen. Resultate solcher vornehmlich statistischen Untersuchungen sind dann u.a. die Empfehlungen, nicht zuviel Alkohol zu trinken und nicht zu rauchen. Und solche und ähnliche Untersuchungen und die daraus resultierenden Empfehlungen haben ja gerade im 20.Jahrhundert zur staunenswerten Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung beigetragen.

Der Grund, warum sich gerade in der Corona-Debatte so viele Menschen als Hobby-Statistiker oder Laien-Epidemiologen *7 betätigen, liegt nun gerade darin, dass die Regierungs-Darstellung ganz offenkundig grosse Lücken und Ungereimtheiten aufweist. Genau hier sind die Belege, die Herr Steiner mit einem pauschalen "...keinen Beleg in Form von … oder anderem" wegwischt.



4. RKI als Forschungs-Verhinderer

Die potentielle politische Sprengkraft der "an-oder-mit"-Frage, die ja schon im Frühjahr letzten Jahres medial debattiert wurde, liegt auf der Hand: Sollten "alle" oder "fast alle" der sogenannten Covid-19-Toten nur "mit Covid" gestorben sein, oder genauer ausgedrückt die Vireninfektion nicht haupt-ursächlich für den tödlichen Verlauf gewesen sein, dann wäre die Rechtfertigung für die "Massnahmen" und die "Lockdowns" hinfällig. Die Natur mit ihrer störrischen Weigerung, sich ausschliesslich in schwarz oder weiss darstellen zu lassen, dürfte aber vermutlich weder ein "100% nur-mit" oder ein "100% an" bereithalten.

Es wäre jedoch vollständig in der Hand der Regierung oder eben der Regierungsinstitution "Robert-Koch-Institut" gelegen, diese Ungewissheit auszuräumen. Ein entsprechender Studienauftrag an einige Dutzend der pathologischen Institute der BRD (es gibt ja genügend) und eine zeitnahe Auswertung der so gewonnenen, repräsentativen Daten hätte belastbare Zahlen bezüglich "an-oder-mit" liefern können, die gemeldeten Sterbezahlen hätten seitdem mit dem Zusatz "davon ca. x Prozent ursächlich an der Infektion verstorben" ergänzt werden können. Dass man solche Studien offenbar nicht beauftragt hat, ja sogar im letzten Frühjahr seitens des RKI von Obduktionen bei Covid-19-Verdacht ausdrücklich abgeraten hat, bestärkt nicht nur mich in der Ansicht, dass man beim RKI manche Sachen gar nicht wissen will - oder zumindest nicht publiziert haben will.

Auch die im letzten Frühjahr mit einigem Tam-Tam angekündigte "bundesweite Antikörperstudie" hat, politisch gesehen, ein "Begräbnis erster Klasse" erfahren. Nunmehr mit dem merkwürdigen Akronym "MuSPAD" versehen, erfährt man auf der entsprechenden Webseite, fast ein Jahr nach Beauftragung, nichts.

Liegt es an mangelndem Geld? Das erscheint hoch unwahrscheinlich, hatte doch die Regierung aus dem Stand Milliarden für die grossen Pharmakonzerne bereitgestellt, die dafür Impfstoffe entwickeln sollten. Ebenso hatte man Milliarden für obskure Lieferanten von Gesichtsmasken übrig, als der Mangel daran zum politischen Skandal zu werden drohte. Und für angeblich "systemrelevante" Industriebetriebe wie die Lufthansa hatte man weitere Milliarden in der Hand.



5. Das Elend der Mainstream-Presse

Es wäre vertane Zeit, auf diesem merkwürdigen Kommentar der BZ als Einzelfall hinzuweisen. Aber er ist eben stellvertretend für eine ganze, zunehmend überhand nehmende Richtung moderner Journalistik, die unabhängige Recherche und kritische Beobachtung für überflüssig erachtet und sich mit dem Bestätigen und Bekräftigen der Argumente von "Autoritäten" ("die Regierung", "der Chef-Virologe" oder ganz pauschal "die Politik") begnügt. Oft begründet mit der "richtigen Haltung", die man habe - also Haltungsjournalismus. Ob das nun aus geistiger Faulheit, (journalisten-)schulischer "Indoktrination" oder schlicht Zeitmangel in radikal ausgedünnten Redaktionen herrührt, kann ich hier nicht untersuchen. Aber es ist sicher ein weiterer Faktor, der das "Zeitungssterben" oder auch die Abkehr von öffentlich-rechtlichen Sendern beschleunigt.

Auffallend ist auch die Selbst-Gleichschaltung vieler Medien - nicht nur beim Thema Corona, sondern auch bei Themen wie Rüstung, militärische Einsätze der NATO, Russland-Politik etc. - was "Jens Daniel" oder Rudolf Augstein *8 wohl dazu gesagt hätte?



(Februar 2021)



*1 Der so gern benutzte Begriff "globale Pandemie" ist natürlich ein Pleonasmus wie die Bezeichnung "weisser Schimmel" für ein Pferd. Das "global" steckt eben in der unscheinbaren Vorsilbe "pan" schon drin.

*2 Um der besseren Lesbarkeit willen werde ich im Folgenden auf das "durchgendern" aller generischen Maskulina verzichten.

*3 Hier in der Reihenfolge aufgeführt, wie sie mir "unters Auge" kamen. Bei SPIEGEL und Badischer Zeitung ist möglich, dass sie nur hinter einer "Bezahlschranke" zugänglich sind.

*4 Die "Hinweise des Tages" stellen für mich ein sehr nützliches Mittel zur Information dar, gerade weil sie versuchen, das Tagesgeschehen in Verweisen auf unterschiedlichste Medien zu erfassen.

*5 "Corona-Skeptiker" ist natürlich auch ein bewusst missweisendes Wort, denn die so eingeordneten zweifeln ja in der Überzahl nicht das "Virus an sich", sondern die Angepasstkeit der verordneten Massnahmen an. Richtig wäre also "Massnahmen-Skeptiker".

*6 Um eben diese Gematik-Connection geht es bei den merkwürdigen Immobilien-Geschäften unseres Gesundheitsministers, die derselbe allerdings nach Kräften aus der medialen Berichterstattung zu halten versucht - siehe etwa hier: https://www.nachdenkseiten.de/?p=69950#h14

*7 Auch ich bin in diesen Feldern selbstverständlich nur Laie.

*8 Rudolf Augstein, Gründer und langjährig führender Kopf des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", schrieb zahlreiche seiner Kommentare unter dem Pseudonym "Jens Daniel". Berühmt seine Äusserung, er sehe den Spiegel als "das Sturngeschütz der Demokratie". Seine Erben haben das wohl schon lange vergessen.


www.truthorconsequences.de